Ab in den Urlaub! Diese Ratschläge können wir Tierhalter:innen mit auf den Weg geben | Fachbeitrag
Sommerzeit ist Reisezeit. Diese besonderen Tage möchten viele Tierbesitzer:innen gemeinsam mit ihren Tieren verbringen. Bei den Vorbereitungen kommen viele Fragen rund um das Thema Urlaub mit dem Vierbeiner auf. Kompetenten Rat finden Tierhalter:innen bei einem Besuch in ihrer Tierarztpraxis. Dort können die tiermedizinischen Fachangestellten im Kundengespräch wichtige Informationen hinsichtlich Gesundheitsvorsorge, Reiseplanung und notwendiger Formalitäten vermitteln, damit es insbesondere bei Auslandsreisen zu keinen bösen Überraschungen kommt.
Gesetze regeln den grenzüberschreitenden Verkehr von Haustieren
Ganz gleich, ob es sich um einen kleinen Ausflug oder einen längeren Aufenthalt handelt: Verlässt der Vierbeiner deutschen Boden, müssen die gesetzlichen Anforderungen der Europäischen Union bzw. des Ziel- oder Transitlandes berücksichtigt werden.
Innerhalb der Europäischen Union gelten 3 wichtige Regeln:
- Der Hund oder die Katze müssen mittels elektronisch lesbarem Transponder bzw. Mikrochip eindeutig gekennzeichnet sein.
- Der Hund oder die Katze müssen über eine gültige Tollwutimpfung verfügen.
- Der blaue EU-Heimtierausweis muss mitgeführt werden. Chipnummer und Tollwutimpfung müssen in diesem Ausweis eingetragen und versiegelt sein.
Für Drittländer gelten besondere Vorschriften
Bei der Einreise in die Europäische Union aus Drittländern (Nicht-EU-Länder) werden diese hinsichtlich ihrer Tollwut-Infektionslage in verschiedene Gruppen eingeteilt.
Drittländer mit einer unkritischen Tollwut-Situation werden auf einer zweiteiligen Liste eingruppiert (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 577/2013
Für diese sogenannten “gelisteten Drittländer” gelten prinzipiell die Regeln des innereuropäischen Haustierverkehrs. Das gilt uneingeschränkt für Staaten, die im ersten Teil dieser Liste geführt werden (z.B. Schweiz, Monaco, Liechtenstein). Findet sich das gelistete Drittland auf Teil 2 dieser Liste (z.B. Großbritannien, USA, Bosnien und Herzegowina), ist die Wiedereinreise in die EU auf direktem Wege zu vollziehen und darüber hinaus eine Veterinärbescheinigung vorzulegen. (https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Haus-Zootiere/DurchfuehrungsVO-576-2013-Bescheinigung-561-2016neu.pdf?__blob=publicationFile&v=8)
Sogenannte “nicht gelistete Drittländer” (z.B. Serbien, Türkei) weisen ein höheres Tollwut-Infektionsrisiko auf. Rückreisende Hunde und Katzen müssen daher ergänzend zum Impfnachweis einen wirksamen Tollwut-Titer im Blut aufweisen. Diese Blutuntersuchung hat in einem dafür zugelassenen, zertifizierten Labor zu erfolgen. Für Impfung, Blutentnahme und Gültigkeitsdauer der Titerbestimmung sind festgelegte Fristen zwingend einzuhalten.
Neben dem europäischen Regelwerk, ist für die Einreise in das jeweilige Zielland auch die dortige Gesetzgebung zu berücksichtigen! Beispielsweise verlangt Großbritannien eine von einem Tierarzt applizierte und dokumentierte Bandwurmbehandlung unmittelbar vor der Einreise.
Andere Länder andere Sitten
Auch im Reiseland selbst können besondere Vorgaben an Tierhalter:innen gestellt werden. Exemplarisch sind eine Hundehaftpflichtversicherungs-Pflicht in Italien, das Verbot von Hunden in Restaurants in Dänemark, eine Leinenpflicht im öffentlichen Bereich in Österreich oder die Anmeldung des Haustieres beim Zoll in Schweden zu nennen. Insbesondere für aggressive Hunde oder Hunderassen, die z.T. auch in Deutschland gesondert reglementiert werden (sog. “Kampfhunde”), gelten spezielle Auflagen. Hier sollten sich die betroffenen Hundehalter:innen besonders sorgfältig informieren.
Tipp: Da sich die Verteilung der Länder auf die oben genannten Listen und auch die Anforderungen der Zielländer ändern können, sollten sich die Tierhalter:innen rechtzeitig vor ihrer Reise aktuelle Informationen einholen. Die TMFAs können dabei Hilfestellung leisten. Aufgrund des komplexen und dynamischen Regelwerkes dürfen jedoch keine verbindlichen Aussagen getätigt werden! Wir empfehlen unseren Kund:innen gerne die Webseiten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz und Landwirtschaft (https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/haus-und-zootiere/haus-und-zootiere_node.html), der jeweiligen Botschaften der Zielländer und die Seite der Firma MSD (www.petsontour.de) als gute Informations-Quellen.
EU-Heimtierausweis im Fokus
Bei jeder Gelegenheit, auf jeden Fall jedoch bei der Jahresimpfung oder vor einer Urlaubsreise, sollten die Praxismitarbeiter:innen den Impfpass auf Vollständigkeit und Aktualität prüfen. Das gelbe Impfbuch dient lediglich als Merkheft. Bei dem blauen EU-Heimtierausweis handelt es sich hingegen um den Reisepass für Hunde und Katzen. Seine Gestaltung ist rechtlich vorgeschrieben. Die Kennzeichnung, also der Transponder, sollte abgelesen und mit dem Eintrag im Pass abgeglichen werden. Solche Vorgänge sind immer in der Patientenakte zu dokumentieren.
Problemfeld gültiger Tollwutschutz
Den Tollwut-Impfstatus sollten die Mitarbeiter:innen besonders sorgfältig überprüfen. Hunde und Katzen gelten offiziell als wirksam gegen Tollwut geschützt, wenn die Zulassungsbedingungen des Impfstoffherstellers eingehalten werden. Bei den meisten in der Praxis gebräuchlichen Tollwutimpfstoffen bedeutet das:
- eine Impfung ab der 12. Lebenswoche
- eine Wartezeit von 21 Tagen ab dem Zeitpunkt der Impfung
- die Impfung muss nach der Kennzeichnung des Tieres mit dem Transponder erfolgen
- um bei Wiederholungsimpfungen eine erneute 21-tägige Wartezeit für den gültigen Tollwut-Impfstatus zu vermeiden, sollte die Booster-Impfung immer vor dem Ablaufdatum der vorhergehenden Tollwutimpfung erfolgen.
Impfdatum, Eintritt und Gültigkeitsdauer der Tollwut-Vaccinierung werden im Impfpass eingetragen. In der Regel ist alle 3 Jahre eine Auffrischung notwendig. Diese Information findet sich in der Fachinformation des jeweiligen Impfstoffes.
Eine häufige Fehlerquelle, die reisende Tierbesitzer:innen und deren Praxisteams herausfordert, resultiert aus dem mehrjährigen Applikationsintervall der Tollwut-Vaccine. Einige Komponenten der Kombinationsimpfung (Pi und L4) erfordern einen jährlichen Booster, der in vielen Fällen nicht exakt alle 12 Monate, sondern um ein paar Wochen verspätet verabreicht wird. Orientiert sich nun der Tierbesitzer oder die Tierbesitzerin für den nächsten Impftermin an dem Datum der letzten Kombinationsimpfung, kann im dritten Jahr die Tollwutimpfung bereits vor ein paar Wochen ungültig geworden sein. Das kann zum Problem werden, wenn die nächste Auslandsreise vor Beendigung der nun gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit von 21 Tagen bis zur formalen Gültigkeit der Tollwut-Auffrischung ansteht.
Die Tiermedizinischen Fachangestellten sollten bei jeder Impfung den Tollwut-Impfstatus überprüfen und die Halter:innen auf deren Ablaufdatum gesondert hinweisen bzw. dieses deutlich auf der Impferinnerungskarte vermerken!
Ist bekannt, dass der Hund oder die Katze in Zukunft in nicht gelistete Drittländer reisen wird, ist ein Tollwut-Booster innerhalb von 4 Wochen nach der Erstimpfung als alternatives Grundimmunisierungs-Schema zu erwägen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, den erforderlichen Titer für die Rückreise in die EU auch wirklich zu erreichen.
Die zwingend zu berücksichtigen Fristen im Zusammenhang mit der Tollwutimpfung bedeuten, dass Welpen unter 15 Wochen nicht ins Ausland verreisen können bzw. aus dem (EU-) Ausland mitgebracht werden können (Mindestalter für die Impfung 12 Wochen + 3 Wochen Wartezeit bis zur Gültigkeit der Impfung). Aus den Regularien und Anforderungen folgt mitunter auch, dass Hunde und Katzen aus nicht gelisteten Drittländern kurzfristig nicht rechtskonform nach Deutschland mitgebracht werden dürfen! (z.B. Import von Hunden und Katzen nach einer Urlaubsreise)
Krankheitsprophylaxe
Führt die Reise in mediterrane Gebiete oder Regionen mit milden Wintern, ist eine ausführliche Beratung zum Thema vektorübertragene Krankheiten erforderlich. Dabei geht es um ernstzunehmende Infektionskrankheiten, deren Erreger durch Zecken und Stechmücken übertragen werden und in beliebten Reiseländern wie Italien, Frankreich, Kroatien, Spanien, etc. weit verbreitet sind. In diesem Zusammenhang sind Leishmaniose, Babesiose, Ehrlichiose, Anaplasmose und Dirofilariose zu nennen. Allen diesen Infektionskrankheiten ist gemein, dass sie über ihren Zwischenwirt bei der Blutmahlzeit übertragen werden. Daher ist Parasitenprophylaxe die wichtigste Säule zum Schutz vor einer solchen Infektion. Zur Ektoparasitenabwehr sollte für den Urlaub unbedingt ein repellierendes Produkt gewählt werden, um ein Anlanden bzw. Besiedeln des Wirtes durch Zecken oder Stechmücken zu verhindern. Zusätzlich sollten die Tiere in den Dämmerungsstunden vorsichtshalber im Haus gehalten werden. Damit sich möglicherweise übertragene Mikrofilarien nicht ansiedeln können, ist ein bestimmtes Entwurmungsschema anzuwenden. Die Tierbesitzer:innen sollen 30 Tage ab Beginn der Reise bis 30 Tage nach ihrer Rückkehr alle 4 Wochen eine Wurmtablette (mit makrozyklischen Laktonen) verabreichen. Zur Leishmaniose-Prophylaxe ist seit einigen Jahren eine Impfung zugelassen, die allgemeine Vorsorgemaßnahmen jedoch keinesfalls entbehrlich macht und im Einzelfall zu erwägen ist.
Ich packe meinen Koffer…
Tierbesitzer:innen wenden sich gerne an die Tierarztpraxis ihres Vertrauens und fragen nach Informationen zum Transport ihrer Vierbeiner oder Tipps für die Ausstattung der tierischen Reiseapotheke.
Witterungsschutz:
Je nach Reisezeit und -ziel können Hundemantel, Pfotenschuhe, Sonnenschirm oder -zelt, Fettcreme für gereizte Pfotenballen und Sonnencreme für dünn- oder unbehaarte Körperstellen, insbesondere unpigmentierter Regionen, sinnvoll sein.
Ernährung:
Es empfiehlt sich, die passende Menge des gewohnten Futters mitzuführen, damit ein Futterwechsel und damit möglicherweise verbundene Beschwerden unterwegs nicht gemanagt werden müssen.
Reiseproviant und Unterbringung:
Auf dem Transport müssen alle Tiere in jedem Transportmittel ausreichend Platz, die Möglichkeit zum Lösen und jederzeit Wasser und Futter zur Verfügung haben. Das bedeutet regelmäßige Bewegungs- und Trinkpausen bei Autofahrten, genauso wie der Größe des Tieres angemessene Transportbehältnisse auf Flugreisen. Auch am Zielort hilft ein vertrauter Liegeplatz bei der Eingewöhnung in die neue Umgebung.
Vorbereitung:
Die Tiere sollten das Autofahren oder den Verbleib in Transportboxen nach Möglichkeit aus dem Alltag kennen und stressfrei erleben. Eine frühzeitige Integration der Flug-Transportbox in die normale Umgebung des Tieres führt dazu, dass sich die Vierbeiner darin geborgen fühlen. Manche Besitzer:innen befürchten, ihr Tier könnte den Transport körperlich oder mental nur schwer verkraften. In diesen Fällen ist offen zu kommunizieren, ob eine alternative Urlaubsreise oder eine Unterbringung des Tieres in der gewohnten Umgebung nicht tiergerechter sein würde. Leiden der Hund oder die Katze bekanntermaßen an Reisekrankheit, kann für die Fahrt ein geeignetes Antiemetikum verordnet werden. Ebenso können eine Variation der Position des Tieres im Auto oder auch Ingwertabs der Übelkeit entgegenwirken.
Reiseapotheke:
Chronisch kranke Patienten müssen ihre Dauermedikamente in der erforderlichen Menge mitführen.
Für alle vierbeinigen Weltenbummler sollten grundsätzliche Dinge wie
Verbandszeug (selbsthaftende, elastische Binden, Polsterwatte, evtl. Hundeschuh), Zeckenzange, Splitterpinzette, alkoholfreies Wunddesinfektionsmittel, sterile Kochsalzlösung, Durchfalltabletten mit Elektrolyten, Kalt-Warm-Kompresse und Fieberthermometer in die Reiseapotheke gepackt werden.
Im Notfall ist es hilfreich, wenn die Kontaktdaten eines Tierarztes vor Ort bereits vor der Reise recherchiert und bereitgelegt worden sind. Ebenso sind deutschsprachige Telemedizin-Angebote von Online-Services bei tiermedizinischen Fragestellungen ganz besonders im Urlaub eine gute Unterstützung. Viele Anbieter sind rund um die Uhr erreichbar und zahlreiche Tierkrankenversicherungen erstatten die kostenpflichtigen Video-Konsultationen.
Information, Vorbereitung und Vorsorge gehören zu einem gelungenen Urlaub mit dem Vierbeiner dazu
Vielen Besitzer:innen sind die gesetzlichen Regeln und gesundheitlichen Aspekte einer Urlaubsreise mit Hund oder Katze gar nicht bekannt. In der heutigen Zeit, zuverlässige und seriöse Informationen von fehlerbehafteten Quellen zu unterscheiden, stellt die nächste Herausforderung für den Laien dar. Die Profis in den Tierarztpraxen können den Kund:innen durch fundierte und kompetente Beratung eine Menge Mühe und Ärger ersparen und damit zur Kundenbindung und -zufriedenheit maßgeblich beitragen.
//SSC